Zu Beginn möchte ich erwähnen, dass Erfolg ein sehr umfassendes Wort ist und für jeden eine subjektive Bedeutung besitzt. In diesem Artikel sprechen wir von Erfolg, welcher wird mit Zielerreichung bzw. Problemlösung gleichgesetzt wird.
Ray Dalios 5-Schritte-Prozess
- Klare Ziele haben.
- Probleme, die dem Erreichen dieser Ziele im Weg stehen, identifizieren und nicht tolerieren.
- Die Probleme präzise diagnostizieren, um ihre Ursachen zu erkennen.
- Pläne entwerfen, mit denen sie sich überwinden lassen.
- Tun, was nötig ist, um mit diesen Plänen zu Ergebnissen zu kommen.
Ich weiß, was du dir vielleicht denkst: “Klingt doch relativ logisch, oder?” Das ist eine offensichtliche Herangehensweise und da gebe ich dir recht. Wie so häufig liegt aber genau in der Einfachheit die Komplexität.
Meine Frage an dich:
- Wie häufig wendest du diese Schritte systematisch an?
- Wie gehst du mit den Schritten um, die dir nicht so leicht fallen?
Ich bin mir sicher, dass du einige der Schritte intuitiv anwendest. Allerdings ist Ray Dalio nicht an Intuition interessiert. Wie wir aus der Verhaltensforschung wissen, ist die Wahrnehmung des Menschen stark verzerrt. In anderen Worten, die menschliche Intuition ist oftmals inkonsistent und falsch.
Die meisten von uns führen die Schritte nicht annähernd so rational, leidenschaftslos oder effizient durch, wie Dalio. Wir formulieren schwammige Ziele und belügen uns bei ihren Fortschritten häufig selbst, um mögliche Probleme nicht entdecken zu müssen. Dadurch sind wir nicht in der Lage, an den Kern des Problems zu gelangen, geschweige den davon effektive Lösungen zu gestalten. Zu all diesen Verhaltensweisen gleich mehr.
Ein weiterer Aspekt, über den wir häufiger hinwegschauen ist, dass wir alle gut in einigen, aber selten in allen Schritten sind. Dalio bestätigt das. Kein Mensch kann alle Schritte gleich gut beherrschen, da sie unterschiedliche Kompetenzen und Denkweisen erfordern.
Zum Beispiel muss man für die Zielsetzung gut im Denken auf höheren Ebenen wie Visualisierung und Priorisierung sein.
Um Probleme zu identifizieren, muss man sehr detailliert sein und gut synthetisieren können.
Diagnosen erfordern logisches Denken und die Fähigkeit, verschiedene Möglichkeiten zu erkennen.
Für die Planung brauchst du Visualisierung und Praxisnähe.
Und für die Umsetzung Selbstdisziplin, gute Arbeitsgewohnheiten und eine hohe Ergebnisorientierung.
Wenn du ehrlich zu dir bist, wirst du feststellen, dass dir einige Schritte leichter und andere schwerer fallen. Jeder hat Stärken und Schwächen.
Selbsteinschätzung: Worin ich schlecht bin
Bevor ich mit dem 5-Schritte-Prozess beginne, sollte ich mir eingestehen, in welchen der jeweiligen Bereiche ich weniger kompetent bin. Das gleich solltest du auch tun.
- Ich kann klare Ziele setzen. Bevor ich mich als Coach selbstständig machte, war ich für das gesamte Zielmanagement unserer Innovationsberatung verantwortlich. Ich habe unsere Geschäftsführung und eine Vielzahl an Teams durch OKR Workshops geführt und richte auch mein eigenes Leben sehr stark nach Zielen aus.
- Ich kann Probleme identifizieren. Mit Sicherheit bin ich in diesem Bereich nicht so gut wie in Schritt 1, aber dennoch kompetent genug, um zu wissen, wenn etwas aus dem Ruder läuft.
- Ich nehme mir oftmals nicht die Zeit, der Hauptursache auf den Grund zu gehen. Mein Naturell beschäftigt sich lieber mit Lösungen, anstatt das Problem tiefgründig zu durchleuchten.
- Ich bin definitiv ziemlich gut darin, Lösungsvorschläge zu kreieren.
- Ich habe kein Problem Dinge anzufangen und ins Rollen zu bringen, aber damit langfristig dran zubleiben. Da ich sehr begeisterungsfähig bin und mich gerne neuen Herausforderungen widme, ist die das Thema Beharrlichkeit sicherlich verbesserungsfähig.
Fazit: In zwei der fünf Bereiche gibt es Defizite. Die eigene Erkenntnis ist immer der erste Schritt in Richtung Veränderung. Ich kann es an dieser Stelle deshalb nicht ausdrücklich genug sagen: Deine Ehrlichkeit ist essenziell und hilft dir dabei, dich weiterzuentwickeln.
Als Nächstes schauen wir uns die 5 Schritte etwas detaillierter an. Zu Beginn jedes Schritts werde ich zuerst auf Dalio´s Empfehlungen eingehen und es anschließend anhand eines persönlichen Beispiels konkretisieren.
Schritt 1: Definiere klare Ziele
- Priorisiere: Du kannst fast alles haben, aber nicht zur gleichen Zeit. Das Leben ist wie ein riesiges Buffet. Es gibt mehr Leckereien, als du jemals probieren könntest. Sich für ein Ziel zu entscheiden, bedeutet auch, auf andere Dinge, die du möchtest, zu verzichten. Viele Menschen scheitern an diesem Punkt, noch bevor sie richtig angefangen haben.
- Verwechsle Ziele nicht mit Wünschen. Ein Wunsch ist etwas wie "Mehr Zeit mit der Familie verbringen". Ein Ziel ist konkreter "Bis Mitte nächsten Jahres einen Umsatz von 100.000 €". Wünsche können Zielen in die Quere kommen und werden häufig verwechselt. Üblicherweise handelt es sich bei Wünschen um Konsequenzen erster Ordnung.
- Entscheide dich, was du im Leben wirklich willst, indem du deine Ziele und deine Wünsche miteinander in Einklang bringst. Diese Übung ist sehr persönlich, deine Ziele sollten deine wahren Wünsche widerspiegeln. So ist "CEO werden" vielleicht nicht mit dem Wunsch "mehr Zeit mit der Familie" vereinbar.
- Schließe niemals ein Ziel aus, welches du für unerreichbar hältst. Sogenannte Stretch Goals ermöglichen es dir, über deine Komfortzone hinauszuwachsen. Sei mutig und richte deine Ziele lieber etwas zu groß aus, anstatt zu klein. Große Erwartungen schaffen große Möglichkeiten.
- Fast nichts kann dich vom Erfolg abhalten, wenn du über a) Flexibilität und b) Eigenverantwortung verfügst. Flexibilität versetzt dich in die Lage zu akzeptieren, was die Realität dir beibringt. Eigenverantwortung, um sich bei Misserfolg selbst einzugestehen, dass du nicht kreativ, flexibel, oder entschlossen genug warst, um alles Nötige zu tun.
- Mit Rückschlägen umzugehen, ist genauso wichtig wie das Voranschreiten auf dem Weg der Zielerreichung. Der Moment wird kommen, wo das Leben dir Steine in den Weg legt. Deine Aufgabe ist es, alles Mögliche zu tun, um dich nicht davon abbringen zu lassen. Auch wenn das bedeutet, dass du deine Ziele anpassen musst. Der Weg zum Erfolg gleicht einem Marathon und erfordert in erster Linie Durchhaltevermögen.
Mein Ziel ist es ein nachhaltiges Coaching Business aufzubauen, welches organisch und ohne bezahltes Marketing 12 Kunden pro Jahr anzieht.
Schritt 2: Probleme identifizieren und nicht tolerieren
- Betrachte schmerzhafte Probleme als deine Chance auf Verbesserung. Wenn irgendwo der Schuh drückt, ist das ein Zeichen dafür, dass du ein Problem hast und dich verbessern kannst. Aus diesem Grund ist es essenziell, das Problem an die Oberfläche zu holen. Nutze diese Chance.
- Identifiziere deine Probleme genau. Die meisten Menschen sind dazu nicht bereit, weil sie glauben, ein Problem zuzugeben, bedeutet nicht kompetent genug zu sein. Das ist nicht der Fall. Im Gegenteil, sich Problemen einzugestehen, ist der erste Schritt, um sie zu überwinden. Das bedeutet, dass du dein Problem spezifisch benennen musst, da unterschiedliche Probleme, unterschiedliche Lösungen erfordern.
- Verwechsel die Ursache des Problems nicht mit dem eigentlichen Problem. “Ich schaue zu viel Netflix” ist kein Problem. Es ist eine potenzielle Ursache (oder vielleicht die Folge) eines Problems. Schaue zunächst auf das schlechte Ergebnis: “Meine Leistung im Job ist schwach”. “Nicht genug Schlaf”, scheint schon eher das Problem dafür zu sein.
- Unterscheide große von kleinen Problemen. Achte darauf, dass die kleinen Probleme nicht die Symptome größerer Probleme sind.
- Wenn du ein Problem erkannt hast, toleriere es nicht. Ein Problem zu tolerieren ist dasselbe, wie es gar nicht erst zu erkennen.
Meine aktuelle Herausforderung ist, der Zugang zu potenziellen Kunden. In der Vergangenheit habe ich überhaupt kein Marketing betrieben und meine Coachees kamen immer über persönliche Weiterempfehlungen zu mir. Das ist wundervoll und darüber bin ich sehr dankbar. Gleichzeitig will ich den Impact meiner Arbeit vergrößern und mehr Menschen und Organisationen erreichen.
Nicht genug Reichweite zu haben, ist eine Ursache. Die fehlende Marketingaktivität, das Problem.
Schritt 3: Probleme präzise diagnostizieren, um ihre Ursachen zu finden
Sobald du dein Problem identifiziert hast, solltest du der Hauptursache auf den Grund gehen.
- Springe nicht gleich in den Lösungsmodus. Lösungsorientiertes Denken ist eine wertvolle Kompetenz, allerdings sollte zuvor das Problem gründlich untersucht werden. Widerstehe also dem Drang, das Problem direkt lösen zu wollen. Eine ordentliche Diagnose kann zwischen 15 Minuten und einer Stunde dauern. Es geht nicht darum, einen schnellen, sondern einen effektiven Lösungsvorschlag zu entwickeln.
- Unterscheide unmittelbare von grundlegenden Ursachen. Unmittelbare Ursachen sind typischerweise die Handlungen (oder das Fehlen von Handlungen), die zu Problemen geführt haben. Diese werden in der Regel mit Verben beschrieben (“Ich habe den Zug verpasst, weil ich nicht auf den Fahrplan geschaut habe”). Die grundlegenden Ursachen liegen viel tiefer und werden in der Regel mit Adjektiven beschrieben (“Ich habe den Zugfahrplan nicht überprüft, weil ich vergesslich bin”). Wirklich lösen kannst du das Problem nur, wenn du die Grundursache beseitigst.
- Erkenne, dass das Wissen, wie jemand ist, Aufschluss darüber gibt, was du von ihm/ihr erwarten kannst. Oftmals liegt die Ursache für ein Problem in einer Schwäche der jeweiligen Person. Genau deswegen ist es wichtig, sich wie zu Beginn, ehrlich einzugestehen, welche Bereiche man gut und weniger gut beherrscht. Das eigene Ego muss an dieser Stelle weichen.
Was Menschen, die ihr Potenzial ausschöpfen, von denen unterscheidet, die es nicht tun, ist vor allem ihre Bereitschaft, sich selbst und andere objektiv zu betrachten. Dies ermöglicht, die Ursache zu verstehen, die ihnen im Weg steht.
Lass uns nun gemeinsam meine Herausforderung diagnostizieren.
Mein Problem der fehlenden Marketingaktivitäten und daher auch der Reichweite hat damit zu tun, dass ich nicht genug Content kreiere. Ich bin grundsätzlich kein großer Fan von Social Media und nutze meine Zeit lieber damit mich weiterzubilden, anstatt auf Social Media Plattformen zu posten.
Wenn ich ehrlich bin, ist das die “einfache” Version. Richtig schmerzhaft hat sich das noch nicht angefühlt. Nicht genug Content zu erstellen, ist definitiv ein unmittelbarer Grund.
Die Hauptursache ist eher, dass ich mich nicht komfortabel fühle Marketing zu betreiben. Gerade im Coaching Business sehe ich viel Marketing, welches sich unauthentisch und aufgesetzt anfühlt. Mich damit auseinanderzusetzen, fällt mir schwer. Anstatt meine Kompetenz durch Content zu zeigen, verbringe ich lieber Zeit damit, mich fortzubilden.
Merkst du, was gerade passiert ist? Mein Gehirn hat sich eine komfortable und plausible Story gebaut, welche mir hilft, mich um das eigentliche Problem zu schlängeln. Meine Angst mich zu präsentieren und zu zeigen. Wer kennt es nicht? Die größte Bedrohung unserer Generation. FOPO (Fear of other peoples opinion). Autsch, das fühlt sich schmerzhaft an. Wir haben den Hauptgrund diagnostiziert.
Schritt 4: Einen Plan entwerfen
Kommen wir nun zum amüsanten Teil, dem Lösungsraum.
- Betrachte dein Problem als eine Reihe von Ergebnissen, die von einer Maschine erzeugt werden. Maschinen sind rational und kontrollierbar. Praktiziere Denken auf einer höheren Ebene und schaue auf die einzelnen Teile, die zusammen ein Ergebnis erzielen.
- Sei dir darüber bewusst, dass es viele Wege gibt, um ein Ziel zu erreichen. Dein Job ist es, den Weg zu finden, der für dich funktioniert.
- Stelle dir deinen Plan wie ein Drehbuch vor und visualisiere wer, was, wann erledigen wird. Beginne dir den Ablauf deines Plans erst grob und dann immer granularer vorzustellen. Betreibe diesen Prozess so lange, bis du ein klares Bild vor Augen hast.
- Teile deinen Plan öffentlich, damit ihn andere sehen und du dich daran messen kannst. Wir haben es bereits zu oft erlebt, wir schmieden Pläne im stillen Kämmerchen, welche letztendlich nie umgesetzt werden. Deshalb teile deinen Plan mit anderen, um dich verantwortlich zu fühlen und daran zu messen.
Wie schaut mein Plan nun aus?
Um meine Reichweite und Zugang zu Menschen zu erweitern, muss ich anfangen, mein Wissen zu teilen und mich der Welt zeigen. Aus diesem Grund möchte ich jeden Tag schreiben und mindestens zwei Blogartikel pro Monat auf meiner Website veröffentlichen. Diesen werde ich zusätzlich auf LinkedIn posten.
Dieser Plan ist gut auf mich zugeschnitten. Anstatt oberflächlichen Content zu produzieren, werde ich mein Wissen durch ausführlicheres Schreiben teilen.
Schritt 5: Plan ausführen
Der letzte Schritt, wie könnte es anders sein, ist die Umsetzung. Dalios Richtlinien hierfür sind relativ eindeutig:
- Großartige Planer, die ihre Pläne nicht ausführen, gehen leer aus. Wer hätte es gedacht ;)
- Gute Arbeitsgewohnheiten werden enorm unterschätzt. Menschen, die erfolgreich dran bleiben, sind organisiert, arbeiten mit To-do-Listen und sind in der Lage klar zu priorisieren.
- Definiere klare Kennzahlen, um sicherzustellen, dass du deinen Plan folgst. Du solltest dich immer wieder vergewissern, ob du auf dem richtigen Weg bist, deine Ziele zu erreichen. Lass dich dabei von jemand anderem als dir selber kontrollieren. Wenn du auf neue Probleme stößt, kannst du den Prozess wiederholen und entsprechend anpassen.
Ich bin mir darüber bewusst, dass organisches Wachstum durch Content seine Zeit benötigt. Deshalb möchte ich diesen Plan für ein Jahr konkret verfolgen. Mit circa. 26 Blog-Artikeln sollte sich meine Reichweite und Kundenzugang definitiv verbessert haben.
Fazit
Zum Abschluss möchte ich noch erwähnen, dass alle fünf Schritte auf deinen Werten basieren. Deine Werte bestimmen darüber, was du willst und welche Ziele du dir setzt.
Behalte im Hinterkopf, dass alle Schritte aufeinanderfolgen. Wenn du einen abschließt, kannst du den nächsten Schritt modifizieren. Und sobald du Schritt fünf erledigt hast, beginnt der Prozess von vorne.
Wenn der Prozess funktioniert, werden sich deine Ziele langsamer verändern als deine Pläne, die sich wiederum langsamer verändern als deine Aufgaben.
Du wirst gut synthetisieren und gestalten müssen. Bei den ersten drei Schritten - Ziele setzen, Probleme identifizieren und sie dann diagnostizieren - handelt es sich um Synthesen. Lösungen zu entwerfen und dafür zu sorgen, dass die Pläne umgesetzt werden, ist Gestalten.
Mit großer Sicherheit beherrschst du nicht all dieser Schritte gleich gut. Jeder von uns hat Schwächen. Trotzdem sind alle fünf für deinen Erfolg und deine optimale Performance erforderlich. Deshalb sei ehrlich zu dir, identifiziere dein größtes Thema und fange an daran zu arbeiten.